"Gesehen zu werden, Teil von einer Gruppe zu sein, sollte für jeden Menschen eine Selbstverständlichkeit sein." - Interview mit Autorin, Aktivistin und Sängerin Tayo Awosusi-Onutor

July 26, 2024
"Gesehen zu werden, Teil von einer Gruppe zu sein, sollte für jeden Menschen eine Selbstverständlichkeit sein." - Interview mit Autorin, Aktivistin und Sängerin Tayo Awosusi-Onutor
Veröffentlicht auf  Aktualisiert am  

Erzähle uns etwas über dich und dein Unternehmen

Ich wollte und habe schon immer gerne Dinge gestaltet, Ideen umgesetzt oder auf Bühnen gebracht. Allerdings war es nie auf meiner Liste ausgerechnet einen Buchverlag zu gründen. Nach vielen Jahren Erfahrung in der politischen Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen war für mich klar, dass es für BIPOC Kinder sehr wenig Identifikationsmöglichkeiten in Büchern und weiteren Medien gibt. Außerdem existieren kaum Kinderbücher, in denen Rom*nja oder Sinti*zzi als handelnde, starke Akteur*innen vorkommen. Stattdessen gibt es viele Medien, die bewusst oder unbewusst Vorurteile abbilden. Genau diese Lücke wollte ich mit dem JOKESI Club schließen. Schon lange hatte ich die Idee ein Kinderbuch mit starken, romani und sinti Charakteren zu veröffentlichen. Mit JOKESI Club enstand eine Kinderbuchreiche, in der BIPoc Kinder im Mittelpunkt stehen und die Held:innen der Geschichte sind. Die Kinder sollen sich in der Geschichte wiederfinden, gespiegelt sehen und gestärkt werden. Nach dem ersten Erscheinen 2021 war die Resonanz zu JOKESI Club so gut, dass klar war es muss eine zweite Auflage her. Mit diesem Schritt kam dann auch der Gedanke zum eigenen Verlag auf. Gemeinsam mit meinem Geschwister Femi Awosusi als Illustrator und künstlerische Kraft an Bord habe ich den Schritt zur Verlagsgründung gewagt.

Was war deine Motivation dein Unternehmen zu gründen?

In erster Linie waren und sind es tatsächlich die Reaktionen der Kinder bei den Lesungen. Viele Kinder erleben mit JOKESI Club das allererste Mal ein Kinderbuch, in dem sie als starke, positiv handelnde Akteur*innen vorkommen. Mit diesen vielen bewegenden und wertschätzenden Reaktionen habe ich im Vorfeld nicht gerechnet. Sie sind der Antrieb weiterzumachen. Abgesehen davon habe ich die Dinge gerne selbst in der Hand und liebe es meine Ideen umsetzen zu können.

Wo produzierst du deine Produkte und warum dort?

Mit print star und Tek Tek, arbeite ich mit einer Berliner PoC Druckerei und Gestalterin zusammen, die nicht nur hervorragend arbeitet, sondern auch den Kontext aus dem ich arbeite kennt und versteht. Dies ist für mich sehr wichtig. Gute Arbeitsbeziehungen sind sehr wichtig und sorgen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Auswählen zu können mit wem ich arbeite ist für mich ein Privileg. Das war nicht immer so. Gerade in kreativen Prozessen musste ich früher auch mal mit Menschen zusammen arbeiten, die noch am Anfang oder sehr weit weg von einer diskriminierungskritischen Perspektive standen. Das ist super anstrengend und kontraproduktiv. Daher bin ich sehr dankbar für diese Freiheit und Möglichkeit. (Love you, Tünya!)

Schwarzes Unternehmertum bedeutet für mich…?

Emanzipation, Empowerment, Widerstand, Black Excellence, Schönheit.

Welches Feedback bekommst du zu deinen Produkten?

Ich bekomme sehr gutes Feedback. In erster Linie wie erwähnt von den Kindern. Das ist wunderbar! Aber auch von erwachsenen Menschen. Viele Bibliotheken in Berlin aber auch an anderen Standorten in Deutschland haben JOKESI Club in ihren Bestand aufgenommen. Ich bekomme viele Lesungsanfragen von Schulen, Bibliotheken und anderen Institutionen. Das freut mich natürlich sehr! Viele Menschen an wichtigen Stellen, die als Multiplikator*innen wirken, haben verstanden, dass die Kinder eine Geschichte wie die vom JOKESI Club brauchen. Sie haben verstanden, wie vielschichtig die Geschichte ist und wieviel sie den Kindern vermittelt.

Repräsentation bedeutet für mich…

Wärme und Liebe! Gesehen zu werden, Teil von einer Gruppe oder Gesellschaft zu sein sollte für jeden Menschen eine Selbstverständlichkeit sein. Vor allem für Kinder!

Was hat Dich inspiriert, Kinderbücher zu schreiben, und wie kommst du auf die Ideen für Deine Bücher?

Es ist eigentlich fast unglaublich, dass nach über 600 Jahren romani und sinti Existenz in Deutschland (bzw. den deutschsprachigen Gebieten) bis dato kein Kinderbuch existiert hat, in dem Rom*nja und Sinti*zzi als positive, starke Akteur*innen vorkommen. Es gibt natürlich Kinderbücher, die das Thema aufgreifen, doch wie so oft wenn es um Rom*nja und Sinti*zzi handelt es sich um eine Beschreibung von außen. Auch wenn es oftmals gut gemeint ist, ist es genauso häufig nicht gut gemacht. Diese Beschreibungen von außen sind kein Zufall und reihen sich ein in eine jahrhundertelange Kontinuität. Es spielt für die Kinder sehr wohl eine Rolle, wer die Geschichte schreibt, wer die Autor*in ist. Die BPoc Kinder können sich mit mir identifizieren und erfahren allein dadurch Empowerment und Repräsentation. Welche Botschaft möchtest Du mit Deinen Büchern an Kinder vermitteln und wie versuchst Du, diese Botschaften auf eine kindgerechte Art und Weise zu vermitteln? Nach einer Lesung konnte eine Schulklasse über das Zeichnen Ideen zu Papier bringen. Die Fragen im Raum waren: Wie sieht meine Heldin aus? Was hat mich an der Geschichte inspiriert? Ein Kind malte ein Bild auf dem stand „Egal wie Du bist, du bist schön! Glaub an dich, du bist wunderbar!“ Im Arbeitsprozess des Schreibens bin ich immer mal wieder im Austausch mit Kindern und lasse mich von ihnen beraten. Darunter meine Tochter und auch andere Kinder geben Tipps und teilen wie sie zum Beispiel gerne vorkommen möchten.

Welche Deiner Figuren ist dir besonders ans Herz gewachsen und warum?

Ich liebe alle 3 Heldinnen des JOKESI Clubs. Jovanka, Kemi und Sina sind einfach tolle Kinder und Freundinnen.

Nenne uns Dein Lieblingskinderbuch jetzt oder aus Deiner Kindheit?

Ich habe als Kind viel und gerne gelesen. Allerdings kann ich kein spezielles Lieblingsbuch nennen. Ich mochte Geschichten mit starken Hauptcharakteren, auch wenn ich selbst nicht wirklich vorkam.

Welche Zauberkraft hättest du gerne?

Frieden zaubern.

Welche Botschaft war für dich in deiner Kindheit besonders wichtig bzw. welche Botschaft hättest du hören müssen?

Ich bin in einem Elternhaus aufgewachsen, in dem mir stets vermittelt wurde, dass ich toll bin und viel drauf habe. Ich wurde unterstützt und in meiner Identität gestärkt. Das war sehr wichtig und richtig!

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